In der Übersicht
Mit der Aufhebung des altrechtlichen aArt. 309 ZGB entfällt die automatische Errichtung für die Feststellung einer Vaterschaft bei nicht verheirateten Frauen. Heute sieht Art. 308 ZGB vor, dass eine Beistandschaft errichtet wird, wenn es die Verhältnisse erfordern. Die vorliegende Arbeit untersucht, wie die Praxis zur Feststellung einer Vaterschaft umgesetzt wird und welche Voraussetzungen von den betroffenen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) als Kindeswohlgefährdung wahrgenommen werden. Gleichzeitig wird die Praxis der KESB bei Unterhaltsverträgen für nicht verheiratete Eltern analysiert, ebenso wie die Praxis des Beizugs von verwandten und nicht verwandten Personen im Verfahren der Kindesplatzierung.
Die Annäherung an die Praxis der KESB erfolgte in einem dreistufigen Vorgehen. Eine Literaturrecherche zu nationaler und internationaler Literatur verwies auf Faktoren, welche eine fehlende Vaterschaft mit einer Kindeswohlgefährdung verbinden, sowie auf die Bedeutung verwandter und nicht verwandter Personen im Rahmen einer Kindesplatzierung. Weiter gaben Pilot-Interviews mit fünf Fachkräften aus KESB unterschiedlicher Regionen einen Einblick in die Praxis der KESB für die drei Themenfelder. Literaturrecherche und Pilot-Interviews wurden schliesslich für die Entwicklung einer Online-Umfrage unter Mitarbeitenden aller Schweizer KESB beigezogen, wobei pro KESB eine Beteiligung von drei Personen angestrebt wurde. 183 Fachkräfte haben den Fragebogen komplett ausgefüllt, was für eine schriftliche Umfrage einer zufriedenstellenden Beteiligung im Bereich von 40% entspricht. Den KESB wurde zugesichert, dass die Umfrage nicht einer einordnenden Wertung dient, entsprechend wurde darauf verzichtet, die einzelne KESB zu identifizieren. Neben Fragen, welche die Zustimmung oder Ablehnung der Befragten zu einem bestimmten Vorgehen erfassten, enthält der Fragebogen mehrere Fallvignetten mit typischen Situationen zur Feststellung der Vaterschaft, zu Unterhaltsverträgen bei nicht verheirateten Eltern und zum Verfahren der Kindesplatzierung. Ein Vorteil von Vignettenstudien ist, dass der Einfluss eines einzelnen Merkmals auf eine Entscheidung überprüft werden kann, während alle übrigen Aspekte gleich gehalten werden.