In der Übersicht
Die Gemeinde Muri nimmt bezüglich der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) seit jeher eine Vorreiterrolle im Kanton Bern ein. Das aus dem Jahr 2000 stammende „Leitbild für eine kinder- und jugendgerechte Politik für die Gemeinde Muri“ wurde, von Gemeindepolitiker(inne)n sowie Fachpersonen erarbeitet. 2011 wurde es vom Fachausschuss für Kinder- und Jugendfragen überarbeitet und anschliessend vom Gemeinderat genehmigt.
Eine 2014 in einem Quartier von Muri-Gümligen durchgeführte Bedarfs- und Ressourcenanalyse hat ergeben, dass in der Kinder- und Jugendarbeit zunehmend mehr mobile und aufsuchende Angebote gefragt sind. Auf dieser Basis wurde 2015 ein neues Grobkonzept für die Offene Kinder- und Jugendarbeit erstellt, in welchem zusätzliche Projekte aufgenommen wurden. Zu den zwölf bestehenden und bewährten Projekten der OKJA sind 17 neue Projekte definiert worden, wovon bei fünf Projekten die OKJA alleine verantwortlich zeichnet, während die anderen mit einer Partnerorganisation (Pfadi, Gemeinderat, Kompetenzzentrum Integration, etc.) durchgeführt werden.
Seit ihrer Einführung 2011sind die Anforderungen an die OKJA anspruchsvoller und komplexer geworden. Während die Entwicklungsaufgabe der Bildung einer positiven Selbstbeziehung im Kindes- und Jugendalter[1] mit den Elementen Selbstvertrauen, Selbstachtung und Selbstwertgefühl unveränderte Gültigkeit hat, haben sich die Herausforderungen stark gewandelt, welche Kinder und Jugendliche zu meistern haben. So haben auch sie mit einer täglichen Flut von Informationen und Konsumangeboten umzugehen; vieles ist in grösserem Umfang monetarisiert, was einen souveränen Umgang mit Geld voraussetzt; oder der gesellschaftliche Wandel zeigt sich beispielsweise in Schulklassen mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund oder an den steigenden Scheidungsraten, von welchen auch Kinder und Jugendliche betroffen sind; weiter ist die Berufswahl und das Finden einer passenden Lehrstelle für viele Jugendliche eine grosse Belastung. Und schliesslich zeigen sich im Leben von vielen Kindern und Jugendlichen zwei Spannungsfelder:
Zum einen gelten sie als Konsument(inn)en schon in jungem Alter als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft, zum andern führen längere Ausbildungswege, spätere Bindung und Familiengründung zu einer verlängerten Adoleszenz.
Nicht nur die Jugend selber, auch die Arbeit der Jugendarbeiter(innen) ist damit komplexer geworden.[2]
[1] Erik H. Erikson, Identität und Lebenszyklus, Frankfurt/M. 1974, S. 62ff.
[2] In der Professionsforschung der Soziokulturellen Animation stellen wir zudem auch eine allgemeine Verbreiterung und der Handlungsfelder fest, wobei die erhöhte Komplexität auch dazu führt, dass alles mit allem zu tun hat und Kompetenzen wie interdisziplinäres Arbeiten und Denken, Vernetzung und Ambiguitätstoleranz an Bedeutung zunehmen.