In der Übersicht
Der Anstoss zu diesem künstlerischen Forschungsprojekt kommt vom Verein 500 Jahre Zürcher Reformation (2017–2019), der sich in einer Veranstaltungsreihe eingehend mit dem aus dem volksmusikalisch geprägten Toggenburg stammenden Zwingli als Musiker und seinem Verhältnis zur „Volksmusik“ auseinandersetzt. Dabei kamen wichtige Fragen auf, die bisher in der Volksmusikforschung kaum oder gar nicht behandelt worden sind.
Zunächst sollen, im Gegensatz zur historischen Musikforschung, aus einer soziologischen bzw. kulturanthropologischen Perspektive der bisherige Kenntnisstand wie auch Diskurse zu sehr frühen Formen einer tradierten Volksmusik nachgezeichnet werden. Dabei liegt der Fokus auf den spezifischen Bedingungen bäuerlicher, rein oral-aural tradierter instrumentaler Musik in der frühen Renaissance bzw. im Humanismus und der Reformationszeit.
Das Projekt ist als Praxisprojekt angelegt. Neben einer theoretischen Aufarbeitung des Themas werden Musiker und Musikerinnen, die sich bereits mit „Alter Volksmusik“ beschäftigt haben, ein Repertoire bis zur Aufführungsreife erarbeiten. Ergänzend dazu werden die erarbeiteten und diskutierten theoretischen Ergebnisse musikalisch reflektiert.
In diesem wissenschaftlich begleiteten Praxisprojekt soll der Frage nachgegangen werden, ob Methoden bisheriger Rekonstruktion „Alter Musik“ auch auf die rein oral-aural tradierte Musik jener Zeit angewendet werden können oder ob es ganz eigener Herangehensweisen bedarf, dem Material gerecht zu werden. Dabei wird auch die Möglichkeit der Integration dieser Musik in die zeitgenössische Volksmusik untersucht.
Die (unterstellte) Affinität Zwinglis zur Volksmusik seiner Heimat Toggenburg soll Ausgangspunkt dieser Beschäftigung mit der Volksmusik in der Schweiz des 16. Jahrhunderts bzw. im alemannischen Sprachraum sein. Ein tiefer und notwendigerweise spekulativer Blick in die Vergangenheit soll sich auf die Musik der Gegenwart befruchtend auswirken. Der gedankliche Rahmen, der an das Reformationsjubiläum anknüpft, besteht in dem Versuch, die sinnliche Üppigkeit des Volksmusikalischen mit dem reformatorischen Umgang mit der Musik zu verbinden und den daraus resultierenden Konsequenzen nachzugehen.
Mit „Alter Volksmusik“ ist hier die Volksmusik in vorromantischer Zeit gemeint (etwa vor 1800).