Mit diesen und weiteren Fragen hat sich ein vierköpfiges Forschungsteam der Hochschule Luzern – Musik seit 2019 in ihrem vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Projekt «Seeking Birdscapes: Contemporary Listening and Recording Practices in Ornithology and Environmental Sound Art» auseinandergesetzt. Im Rahmen des Interdisziplinären Themenclusters (ITC) «Raum und Gesellschaft» wurde gemeinsam mit der Hochschule Luzern – Design & Kunst ein Ausstellungsprojekt mit verschiedenen Vermittlungsformaten im Natur-Museum Luzern entwickelt.
Im Zentrum der Untersuchung stand die Beziehung zwischen Menschen und ihrer klingenden Umwelt, insbesondere die auditiven, akustischen und musikalischen Dimensionen von Klangräumen (Soundscapes), die von Vögeln geschaffen wurden (Birdscapes). Dabei wurden musikkulturelle, ökologische und technologische Zusammenhänge dieser nicht-menschlichen Klang-Umgebung erforscht.
Neben eigenen auditiven Erfahrungen der Forschungsgruppe im Feld wurden gut 30 Personen mit Fokus auf die Schweiz, auf Katalonien und Island befragt, die sich der Vogelwelt und ihren Klängen verschrieben haben (Feldornitholog:innen, Bioakustiker:innen, Klangkünstler:innen und Komponist:innen). Über Interviews, Tonaufnahmen und Beobachtungen im Feld wurde das individuelle Erleben von Vogelstimmen sowie die Vorstellungswelten dahinter untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass Hörerfahrungen sowohl die Biografien dieser vogelaffinen Menschen als auch ihr Verständnis für ökologische Zusammenhänge prägen. In diesem Sinne soll das Forschungsprojekt das gesellschaftliche Bewusstsein für charakteristische Klanglandschaften, insbesondere Birdscapes, schärfen, die uns als immaterielles Erbe umgeben.
Aus den Feldforschungen, audio-visuellen Aufnahmen und Interviews und dem Ausloten der Grenzbereiche zwischen natur- und geisteswissenschaftlichen sowie künstlerischen Zugängen entwickelte das Forschungsteam alternative Ornithologien und Hörweisen sowie Vermittlungsformate für die miteinander geteilten Klangräume von Menschen und Vögeln.
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt bringt unterschiedliche inhaltliche, methodische und fachliche Perspektiven in einen Dialog, welche die Komplexität von Sound- bzw. Birdscapes und deren Vermittlung reflektiert. Die vier Beiträge zu den Themen Sonic Habitat, zum begrifflichen Dilemma, zur akustischen Mimesis und zum Well-being geben Einblick in das Forschungsfeld bzw. in die Auseinandersetzungen mit den Klangwelten von Vögeln durch das Forschungsteam der Hochschule Luzern – Musik, bestehend aus Patricia Jäggi, Natalie Kirschstein, Matthias Lewy und Helena Simonett. Die Projekterkenntnisse und -perspektiven werden erweitert durch eine Konferenz mit Gästen aus der wissenschaftlichen und musikalisch-künstlerischen Forschungspraxis sowie durch die Ausstellung «Birdscapes» im Natur-Museum Luzern, die in Zusammenarbeit mit Martina Lussi und Marie-Louise Nigg von der Hochschule Luzern – Design & Kunst entwickelt wurde.