Overview
Diese oft nur wenige Meter schmale Schicht muss eine ganze Reihe an Funktionen, Bedeutungen und daraus folgenden Interpretationen bewältigen. Sie ist die Membran zwischen der Anonymität auf dem Trottoir und der Geborgenheit in der eigenen Wohnung. Jede (städtische) Kultur entwickelt ihr eigenes System, wie sie den Übergang vom öffentlichen zum privaten Raum architektonisch meistert.
Überall, wo es der Strassenquerschnitt zulässt, ist die Pufferzone des Vorgartens bereits in den ersten Bauordnungen Ende des 19. Jahrhunderts eingerichtet worden. Sie hat sich im Verlaufe der Jahrzehnte von ihrer ursprünglichen Nutzung als «Abstandshalterin» emanzipiert und stellenweise ein Eigenleben entwickelt. Der Vorgarten nimmt eine ganz bestimmte Art von «Persönlichkeit» an, die von den individuellen und auch kollektiven Persönlichkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner geprägt ist, genauso wie von einem Common Sense, der in der Stadt nicht jede Extravaganz zulässt. Zugleich ist und bleibt der Vorgarten ein Teil des öffentlichen Raums, zumindest ist er räumlich und optisch damit verbunden. Wer durch die Strassen flaniert, kennt dieses Kontinuum an durchaus unterschiedlichen Vorgärten, das massgeblich zum Gesamteindruck einer Strasse beiträgt.
Das Projekt geht dem Phänomen des Vorgartens im städtischen Raum nach unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte wie dem der visuellen Erscheinung, seiner (Be-)Nutzung und Aneignung sowie der Bedeutung für das dazugehörige Gebäude selbst und der «benachbarten» Öffentlichkeit. Die Forschungsfrage lautet: Welche Bedeutung haben Vorgärten im öffentlichen Raum sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner als auch für die Öffentlichkeit? Wie werden die verschiedenen Ansprüche ausgehandelt und reguliert? Welche gesellschaftlichen Vorstellungen prägen die Regulierung der Vorgartenzone und welche Handlungsweisen sind mit der Erscheinung und Existenz von Vorgärten verbunden?
Mittels regelmässiger Recherche-Spaziergänge in den beiden Städten Zürich und Basel entsteht ein fotografischer Fundus, dessen kontinuierliche Auswertung und Strukturierung zu einer eigenständigen künstlerischen Arbeit führt. Hinzu kommen historische, städtebauliche und architektonische Recherchen zum Wesen und Wert des Vorgartens in der Architekturgeschichte und -gegenwart. Die Zusammenführung dieser beiden Recherchestränge wird mittels einer Publikation zugänglich gemacht.