Overview
Seit dem 19. Jahrhundert ist Schutzbekleidung zum alltäglichen Gebrauchsgut geworden und hat einen festen Platz im alltäglichen Bekleidungsrepertoire. Einstmals als Arbeitsbekleidung strikt von der Freizeit- und Repräsentationskleidung getrennt, gehört sie heute zur alltäglichen Gewandung. Ihre zunehmende Verbreitung ist zugleich Ursache und Folge eines kulturellen Wandels, in dessen Zuge sich der Mensch von den natürlichen Zwängen befreit hat und sein Leben weitestgehend ungeachtet natürlicher Bedingungen wie dem Wetter oder Klima zu gestalten beansprucht. Mit Schutzbekleidung ausgerüstet, hat der Mensch auch die letzten Räume erobert, wie den Südpol, die Tiefsee oder den Weltraum. Ihre Entwicklung geht einher mit der Technisierung der Kultur und dem Aufkommen des unbedingten Glaubens an einen vermeintlichen technologischen Fortschritt.
Allerdings zeichnet sich längst ab, dass technische Innovationen nur bedingt ihre Versprechungen von einem, von der Natur entkoppelten und selbstbestimmten Leben, zu halten vermögen. Nicht nur wird für die Loslösung von der Natur ein hoher Preis bezahlt. Vielmehr wird deutlich, dass sich unsere vorhandenen Nachhaltigkeitsprobleme nicht durch Technologien werden lösen lassen. Und angesichts dystopisch anmutender Zukunftszenarien stellt sich zudem die Frage, wie weit entfernt ein Leben von der Umwelt der evolutionären Angepasstheit des Menschen noch erstrebenswert ist. In jüngster Zeit wird entsprechend, eine kritische Reflexion unserer technophilen Glaubensgrundsätze und ein Wandel unserer Kultur gefordert.
An diesem Punkt setzt dieses Forschungsprojekt an. Es fragt nach den Auswirkungen von Produktentwicklungen auf die menschliche Kultur. Am Beispiel der Schutzbekleidung untersucht das Projekt, in welchen Schritten sich der Wandel zu einer nicht nachhaltigen Kultur vollzog. Dabei wird unter anderem überprüft, ob die Gestaltung zeitgenössischer Schutzbekleidung für eine Lebenspraxis ausgelegt ist, die mittlerweile überholt ist. In Hinblick auf die Entwicklung nachhaltiger Produkte, wird zudem untersucht, inwieweit frühere Arbeitspraxen und Designs wieder vorbildlich sein können. Ziel ist es dadurch neue methodologische Wege für ein Produktdesign aufzuzeigen, das dazu beitragen kann, wieder eine nachhaltige Kultur zu etablieren.