Die Geschäftstätigkeit von Unternehmen wirkt sich über unterschiedliche Wege auf die Umwelt aus – sei es in Form von Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch, Abfallmanagement und Wasserverbrauch oder in Form von Umweltaspekten im Produkte- und Dienstleistungsangebot. Entsprechend stehen die Unternehmen in der Verantwortung, alles dafür zu tun, um die durch sie verursachten Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern. «Dieser Verantwortung kommen in der Schweiz und in Deutschland nicht alle Organisationen gleich gut nach», sagt Stefan Hunziker, Autor des ERM Reports 2022 und Leiter des Kompetenzzentrums Risk & Compliance an der Hochschule Luzern. Die Ergebnisse des ERM Reports 2022 zeigen: Die grösste Hürde für eine stärkere Umweltverantwortung sind die Kosten, die notwendig sind, um sich als Unternehmen umweltfreundlicher zu verhalten. Dies empfinden rund zwei Drittel der Befragten als grosse Hürde. Insbesondere die KMUs sehen zudem einen vermeintlich geringeren Impact ihrerseits auf die Umwelt, was eine geringere Umweltverantwortung nach sich zieht (siehe Abbildung 1).
Während die Wahrnehmung, vermeintlich alleine wenig ausrichten zu können, ein häufig genannter Grund ist, um auf die Übernahme von Umweltverantwortung zu verzichten, nennen nur wenige Unternehmen die hohen Kosten als Begründung dafür (Abbildung 1: wahrgenommene Hürden, die gegen die Übernahme der unternehmerischen Umweltverantwortung sprechen; zum Vergrössern klicken).
Hinzu kommt der wahrgenommene Druck der Unternehmen von internen und externen Anspruchsgruppen, der auf die unternehmerische Umweltverantwortung wirkt. Das bedeutet: Je stärker die Wahrnehmung des Drucks auf ein Unternehmen ist, desto ausgeprägter ist deren Umweltverantwortung. Insbesondere Grossunternehmen nehmen diesen Druck deutlich stärker wahr als KMUs. In allen abgefragten Dimensionen der Umweltverantwortung sind die Grossunternehmen den KMUs daher etwas voraus und lassen ihre Umweltverantwortung auch schon explizit von externen Stellen auditieren und bewerten. Dies fördert die Imageverbesserung der Unternehmen in Bezug auf ihre Umweltverantwortung, was als der stärkste Vorteil gilt, der durch die Umweltverantwortung des eigenen Unternehmens wahrgenommen wird.
Klimarisiken haben bei Firmen nur mittlere Bedeutsamkeit
Der Klimawandel bringt durch die komplexen Wechselwirkungen und Interdependenzen zwischen verschiedensten Elementen der Ökosphäre zahlreiche für Mensch und Umwelt nachteilige Effekte mit sich. An diese neue Realität müssen sich alle Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft anpassen. Zur besseren Einordnung der Thematik sollten die Probandinnen und Probanden der HSLU-Studie zunächst die Betroffenheit von verschiedenen Risken in ihrem Unternehmen beurteilen. Dabei wird deutlich, dass Klimarisiken primär nur eine mittlere Bedeutsamkeit zugemessen wird. «Die Betroffenheit von Marktrisiken und strategischen Risiken wird als höher eingeschätzt, was in Anbetracht der Aktualität des Themas verwundert» sagt Hunziker.
Die Unternehmen haben insbesondere Mühe, die Klimarisiken zu kategorisieren, wie die HSLU-Studie zeigt. Jedes dritte Unternehmen kategorisiert die Klimarisiken nicht als eine eigenständige Risikokategorie im unternehmerischen Risikomanagementprozess. «Hinzu kommt, dass auch nur jedes zweite Unternehmen Klimarisiken interdisziplinär über verschiedene Funktionen und Bereiche in der Unternehmung beurteilt», so der HSLU-Experte. Der Studienautor ergänzt: «Unter Berücksichtigung aller erfasster Indikatoren lässt sich festhalten, dass eine regelmässige und gleichberechtigte Erfassung von Klimarisiken als eigenständige Risikokategorie den Stellenwert von Klimarisiken im unternehmerischen Risk Management deutlich erhöhen würde.»
Unternehmen verlassen sich auf Selbsteinschätzung
Jedes dritte Unternehmen bewertet Klimarisiken überhaupt nicht. Laut den Studienautorinnen und -autoren der HSLU sei das insbesondere auf den Mangel an verfügbaren historischen Daten zu Klimarisiken zurückzuführen. «Auch bei der Risikobeurteilung verlassen sich die Unternehmen, die Klimarisiken bewerten, verstärkt auf die eigene Selbsteinschätzung als Methode zur Risikobeurteilung», sagt Stefan Hunziker. Hier scheinen die fehlenden Kompetenzen zur Analyse und Bewertung von Klimarisiken die grösste Herausforderung zu sein.
Unzufriedene Integration von Klimarisiken
Abschliessend wurden die Unternehmensvertreterinnen und -vertreter gebeten, ihre Zufriedenheit mit dem aktuellen Reifegrad der Integration von Klimarisiken in das Risk Management zu beurteilen. Ein Grossteil von ihnen (rund zwei Drittel) sind unzufrieden oder höchstens teilweise zufrieden mit der Berücksichtigung von Klimarisiken im Rahmen des Enterprise Risk Managements. Nur jedes dreizehnte Unternehmen ist mit dem Umgang und der Integration von Klimarisiken ins Risk Management sehr zufrieden. «Dieser Themenkomplex ist für viele Unternehmen noch sehr neu», so Hunziker. Viele Unternehmen würden gerade erst anfangen, sich mit einer möglichen Integration ins Risk Management zu beschäftigen. Es scheine noch eine grosse Unsicherheit bezüglich Erfassung, Analyse und Bewertung solcher Risiken zu bestehen. Allerdings sehen auch viele der Befragten die Relevanz dieses Themenkomplexes für ihr Unternehmen schlicht noch nicht. Stefan Hunziker: «Hier sollte ein Umdenken stattfinden, damit die Unternehmen bereit sind, mehr Zeit und finanzielle Mittel in den Aufbau des notwenigen Know-hows zu stecken.»
ERM Report 2022
Unternehmen sind einer Vielzahl von Regularien, internen Selbstverpflichtungen und Erwartungen der verschiedenen Stakeholder ausgesetzt. Daher müssen sie sich Gedanken machen, wie sie mit den Klimarisiken ihrer unternehmerischen Tätigkeit umgehen wollen. Der ERM Report 2022 befasst sich deshalb fokussiert mit der Frage, wie weit fortgeschritten die Integration dieser Risiken in das Enterprise Risk Management der Unternehmen in der Schweiz und in Deutschland bereits erfolgt ist. Aus den Ergebnissen der Umfrage unter deutschen und Schweizer Unternehmen leiteten die Studienautorinnen und -autoren Kernbotschaften für die Praxis ab, die auch weitere Verbesserungspotenziale für den Umgang mit Klimarisiken aufzeigen. Die Studie wurde vom Institut für Finanzdienstleistungen IFZ der Hochschule Luzern zusammen mit dem Institut für Controlling der Fachhochschule Kiel verfasst.
Die Studie zum Herunterladen finden Sie HIER.