Gedanken sind für einen Computer nicht lesbar – mindestens nicht mit den Möglichkeiten der heutigen Technik. Dazu denkt ein Mensch zu viel, zu diffus und zu widersprüchlich. Damit eine Maschine daraus eine Aktion ableiten kann, müssen die Signale des Gehirns gebündelt werden. Samsung und das iHomeLab der Hochschule Luzern wollten wissen, ob ein Mensch mit seinen Gedanken einen Fernseher steuern kann. Der Prototyp, den sie im von innosuisse geförderten Projekt «Pontis» entwickelt haben, macht es möglich.
Martin Biallas, Projektleiter vom iHomeLab der Hochschule Luzern, erklärt, wie «Pontis» funktioniert: «Auf dem Bildschirm des Fernsehers befinden sich vier kleine Schachbrettmuster, in jeder Ecke eines. Sie flackern in unterschiedlicher Frequenz. Fokussiert sich eine Person auf eines der Schachbretter, kann der Computer anhand der vom Kopf abgeleiteten Hirnstrom-Signale erkennen, welches Schachbrett gerade betrachtet wird. Den Schachbrettmustern ist jeweils eine Funktion zugeordnet, die der Fernseher dann ausführt, zum Beispiel den Kanal wechseln oder die Lautstärke erhöhen. So steuert die Person, welche Funktion ausgeführt werden soll.»
Ecken und Kanten helfen
Einzelne Gedanken kann der Computer nicht erkennen – die Signale sind dafür zu schwach, es sind zu viele, sie sind diffus und lassen daher keine eindeutige Interpretation zu. Visuell wahrgenommene Kanten und Kontraste lösen im Gehirn jedoch eine deutliche Reaktion aus. Das flackernde Schachbrett synchronisiert einen Teil der Hirnströme und führt zu einer Klarheit der Signale, die ein Computer erkennen kann. Noch allerdings gibt es den Fernseher, der über Gedanken gesteuert werden kann, erst als Prototypen. Damit der Computer die Hirnströme lesen kann, müssen zahlreiche Elektroden auf der Kopfhaut angebracht werden – ein Prozedere, das Zeit, Hilfe und Fachwissen in Anspruch nimmt.
Weitere Möglichkeiten tun sich auf
Von dieser Möglichkeit, einen Fernseher zu steuern, profitieren in erster Linie Menschen mit schwerer Behinderung. «Im Schweizerischen Paraplegiker-Zentrum in Nottwil habe ich erlebt, dass der Fernseher für sie tatsächlich ein Fenster zur Welt darstellt», sagt Martin Biallas. Und fügt hinzu: «In der Forschung des iHomeLabs geht es immer darum, wie die Technik das Leben von Menschen in erschwerten Situationen einfacher machen kann, zum Beispiel eben für Menschen mit Behinderung. In diesem Zusammenhang interessiert uns das Projekt auch deshalb, weil es mit der gleichen Technologie möglich wäre, die Haustüre zu öffnen, wenn es klingelt, oder das Licht auszuschalten.»
Das iHomeLab unter neuer Leitung
Seit dem 1. April 2018 steht das Kompetenzzentrum iHomeLab der Hochschule Luzern unter der neuen Führung von Dr. Andrew Paice. Andrew Paice verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Forschung und Entwicklung. Bei ABB und Schindler beschäftigte er sich vor allem mit den Themen von Kraftwerken bis hin zu Smart Grids und Automation. Zusammen mit dem hoch qualifizierten und motivierten Team wird er die engagierte Arbeit seines Vorgängers Prof. Alexander Klapproth fortsetzen und das iHomeLab mit alten und neuen Partnern weiterentwickeln.