Bisher werden Pollenflugdaten von MeteoSchweiz lediglich an 14 Standorten und nur wöchentlich erhoben. Die manuelle Analyse und Auszählung der Partikel ist aufwändig und die Messresultate stehen erst eine Woche verzögert zur Verfügung. So bemerkt ein Allergiker oder eine Allergikerin erst, dass Pollen in der Luft sind, wenn die Symptome der Allergie sich bereits bemerkbar machen. «Mit der automatischen Messstation stehen die Messergebnisse sofort zur Verfügung und allergische Personen können sich jederzeit aktuell informieren. Unser Ziel ist eine Pollenvorhersage so genau wie der Regenradar», erklärt Erny Niederberger. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule Luzern und Geschäftsleiter der Swisens AG, dem Start-up, das die Messstation entwickelt hat. Die Gründer von Swisens, Reto Abt, Philipp Burch und Erny Niederberger, haben alle an der Hochschule Luzern studiert; der Firmensitz befindet sich heute auf dem Campus des Departements Technik & Architektur in Horw.
Präzise Prognosen
Die Messung in Echtzeit ermöglicht genauere Prognosen und kann lokale Pollen-Hotspots aufspüren. Rückwirkend lässt sich auch der Jahresverlauf im Detail verfolgen. Erste Tests in Horw waren vielversprechend, nun steht ein Langzeittest unter realen Bedingungen auf dem Gelände des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz in Payerne an. Dieser ermöglicht auch einen direkten Vergleich mit der herkömmlichen Methode der Pollenzählung. Bernard Clot, Leiter Biometrie von MeteoSchweiz, sagt: «Wir sind sehr an der Methode zur automatischen Pollenmessung interessiert, die an der Hochschule Luzern entwickelt wurde, und gespannt auf die Resultate der Tests – dies würde Allergikern helfen; nicht nur in einem Extremjahr wie diesem.»
Messmethoden kombinieren
Für die präzise Messung verbindet die Station mehrere Messmethoden und Algorithmen zur Erkennung der Pollen. Einerseits wird von jedem Partikel während dem Flug ein Bild aufgenommen und computergestützt ausgewertet, um die Pollen aufgrund von Grösse und Form zu identifizieren. Gegenüber der bisherigen manuellen Auswertung von Klebestreifen, auf denen sich die Pollen absetzen, entfällt der grosse Aufwand für die Analyse und die Ereignisse werden binnen Sekunden erkannt. Zusätzlich zu diesem bildgebenden Verfahren wird der Effekt genutzt, dass biologische Partikel nach Bestrahlung mit UV-Licht für einige Nanosekunden nachleuchten. «Ähnlich wie die Leuchtsterne fürs Kinderzimmer, nur viel kürzer», beschreibt Philipp Burch. Die Messstation löst diesen fluoreszierenden Effekt mit einem Laser aus und ermöglicht so eine Unterscheidung der aktuell fliegenden Pollen. Dafür misst sie das Fluoreszenzspektrum sowie die Dauer der Fluoreszenzemission. Beides gibt Hinweise auf die biochemische Zusammensetzung und dadurch auf die Identität der Pollen.
Auf dem Weg zur Entstehung hat das gerade mal 33x33x70 cm3 grosse und leicht zu wartende Messgerät bereits mehrere Preise erhalten: Master-Absolvent Philipp Burch hat als Student für die Entwicklung der Messmethode mit fluoreszierendem Licht den Preis der Hochschule Luzern erhalten; das Start-up Swisens wurde mit dem «Zinno-Ideencheck» von «zentralschweiz innovativ» ausgezeichnet und hat den Businessplan Contest des Startup-Tag Zentralschweiz 2017 gewonnen. «Die Pollen werden wir nicht verschwinden lassen können», ist sich Reto Abt bewusst, «doch die Echtzeitmessungen helfen betroffenen Personen, belastete Gebiete zu meiden oder rechtzeitig Gegenmassnahmen zu ergreifen.»