Bereits zum fünften Mal hat das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern die Finanzierung von mittelgrossen Schweizer Gemeinden untersucht. Dafür lieferten 204 der 368 Deutschschweizer Gemeinden mit einem Kreditvolumen von 4.8 Milliarden Franken per Ende 2016 ihre Daten.
Höhere Schulden mit tieferen Kosten
Die von Stefan Grob und Christoph Lengwiler verfasste Studie zeigt, dass sich der Markt der Gemeindefinanzierung in den letzten Jahren stark verändert hat. Zum einen sind kommunale Finanzhaushalte höher verschuldet: Das Kreditvolumen, also die Gesamtheit der gewährten Kredite, nahm bei an beiden Studien teilnehmenden Gemeinden von 2013 bis 2016 um 26.5 Prozent von 2.68 auf 3.39 Milliarden Franken zu. Gleichzeitig profitierten diese Gemeinden vom tiefen Zinsniveau: So sank der finanzielle Aufwand trotzt höherer Verschuldung von rund 51 auf 37 Millionen Franken. «Für einmal gingen steigende Schulden nicht ins Geld», sagt Studienleiter Christoph Lengwiler.
Die Gemeinden bezahlen aktuell für die Kredite durchschnittlich 1.15 Prozent Zins. Im Vergleich zur Erhebung von 2003 mit 3.52 Prozent ist damit die Verzinsung stark gesunken. Festzinsdarlehen werden durchschnittlich mit 1.29 Prozent verzinst, kurzfristige feste Vorschüsse gar negativ mit -0.19 Prozent.
Kurzfristige Vorschüsse im Aufwind
Dies hat Auswirkungen auf die Form der Gemeindefinanzierung: Festzinsdarlehen dominieren zwar noch immer mit einem Anteil von 84 Prozent. Immer beliebter werden aber die kurzfristigen festen Vorschüsse: Seit 2010 hat sich ihr Anteil verdreifacht. Solche festen Vorschüsse erhalten Gemeinden heute oft kostenlos oder gar zu Negativzinsen. «Die Gemeinden können also kurzfristige Kredite aufnehmen und erhalten dafür sogar einen Ertrag», sagt Christoph Lengwiler.
Die Gemeindekredite laufen im Durchschnitt 8.4 Jahre. Dabei weisen die Gemeinden eine gute Fälligkeitsstruktur auf, denn die Kredite verfallen gestaffelt. 2017 sind rund ein Fünftel der Kredite fällig, in den nächsten Jahren dann jährlich rund 5 bis 10 Prozent. «Die Fälligkeiten sind also gut gestaffelt und die Gemeinden können praktisch jedes Jahr entscheiden, ob sie ihre fälligen Kredite erneuern oder zurückzahlen wollen», so Christoph Lengwiler.
Banken als wichtigste Finanzierungspartner
Wer finanziert die Schulden der Gemeinden? Aus der Studie geht hervor, dass die wichtigsten Finanzierungspartner der Gemeinden Banken (62 Prozent des Kreditvolumens) und institutionelle Anleger sind (38 Prozent). Bei den Banken dominiert die PostFinance mit einem Anteil von 26 Prozent vor den Kantonalbanken mit 21 Prozent. Bei den institutionellen Anlegern sind die SUVA, Compenswiss und die Pensionskassen wichtige Partner. Sie haben im Vergleich zu früheren Erhebungen ihre Marktanteile deutlich erhöht. Die Versicherungen, die UBS und die Auslandbanken hingegen haben sich in den letzten Jahren vermehrt aus dem Markt zurückgezogen.
Empfehlungen für Gemeinden
Es zeigt sich, dass sich Gemeinden aktuell günstig finanzieren können. «Für Gemeinden empfiehlt es sich, angesichts des breiten Spektrums an Partnern verschiedenen Offerten einzuholen und den Markt spielen zu lassen», sagt Christoph Lengwiler. Dabei könne es Sinn machen, einen Broker hinzuzuziehen. Gleichzeitig sei es aber wichtig, vor grösseren Entscheidungen die gesamte Finanzsituation und den künftigen Finanzbedarf abzuschätzen.
Studie zur Finanzierung von Schweizer Gemeinden
Die Studie zur Finanzierung von mittelgrossen Schweizer Gemeinden wurde nach 2003, 2007, 2010 und 2013 per Ende 2016 zum fünften Mal durchgeführt. Für die Studie haben jeweils 55 bis 72 Prozent der Deutschschweizer Gemeinden mit 4000 bis 30 000 Einwohnern Daten zur Verfügung gestellt, Die Studien können für mittelgrosse Gemeinden als repräsentativ bezeichnet werden.
Die Studie steht hier kostenlos als Zusammenfassung zum Download bereit.
Die gesamte Studie kann für 290 Franken bestellt werden: stefan.grob@hslu.ch
Weitere Informationen sind auf dem IFZ Blog zu finden.