«Ich habe heute nicht mehr das Bedürfnis, zu stampfen und mit den Ellbogen zu spielen, ich muss mich nicht mehr wehren. Berühmt werden wollte ich eigentlich nie und auftreten sowieso nicht. Nach dem Konzert habe ich mich aber immer riesig gefreut über dieses Gefühl danach, dieses unbändige Gefühl der Freiheit.» Die Pianistin Irène Schweizer feiert dieses Jahr ihren 75. Geburtstag. Sie hat nicht nur als Vertreterin des Schweizer Jazz internationale Anerkennung gewonnen, sondern ist eine Wegbereiterin der unabhängigen Jazz- und Improvisations-Szenen in Europa. Sie hat die Entwicklung des Jazzpiano-Spiels in den letzten fünfzig Jahren wesentlich mitgeprägt. Irène Schweizers Tätigkeit ist eng verbunden mit ihrem politischen Engagement: Sie setzt sich ein für die Gleichstellung der Frau in Kunst und Gesellschaft. Sie steht ein für die künstlerische und ökonomische Autonomie von Kunstschaffenden. Und sie kämpft gegen Diskriminierung von Menschen aufgrund von Geschlecht, Herkunft oder sexueller Orientierung.
Zahlreiche Weggefährten befragt und Musikaufnahmen untersucht
«Trotz ihrer grossen Bedeutung blieben Irène Schweizers künstlerische Entwicklung und ihr politisch-gesellschaftliches Engagement bislang weitgehend unerforscht», sagt Christian Broecking, Jazzjournalist und Wissenschaftler an der Hochschule Luzern – Musik. In einem dreijährigen Projekt, mitfinanziert vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI, hat er das Leben, die künstlerische Karriere und die politischen Aktivitäten von Irène Schweizer systematisch aufgearbeitet. Christian Broecking befragte dafür die Künstlerin selbst, aber auch mehr als sechzig ihrer Weggefährtinnen und Weggefährten: von Musikern wie George Lewis, Evan Parker oder Louis Moholo über Sängerin Maggie Nicols, Komponistin Carla Bley und Jazzfestivalgründer Niklaus Troxler bis hin zu Politikerin Corine Mauch. Weiter wurde für die Publikation eine ausgewählte Soloaufnahme von Irène Schweizer durch den Musikwissenschaftler Olivier Senn von der Hochschule Luzern und den Jazzmusiker Toni Bechtold beschrieben und transkribiert. «Mit dieser Analyse möchten wir den besonderen Stil der Pianistin erläutern und einem breiten Publikum zugänglich machen», erläutert Senn.
Vernissage im Rahmen des Schaffhauser Jazzfestivals
Erstmals vorgestellt wird die von Schweizer autorisierte Biographie «Dieses unbändige Gefühl der Freiheit. Irène Schweizer – Jazz, Avantgarde, Politik» am
Schaffhauser Jazzfestival. Die Vernissage findet in Anwesenheit der Künstlerin am Samstag, 28. Mai 2016 um 16.45 Uhr im Rahmen der Schaffhauser Jazzgespräche im Hotel Rüden statt. Das Buch erscheint Ende Mai im Broeckingverlag (480 S., ISBN 978-3-938763-44-5, gebundene Ausgabe / ISBN 978-3-938763-43-8, Taschenbuch). Dazu werden Konzertaufnahmen durch Schweizers Label Intakt Records bereitgestellt auf der Website:
www.hslu.ch/irene-schweizer.