Hautekzeme sind die dritthäufigste Berufskrankheit der Schweiz, sie reichen von juckenden Ausschlägen an der Hand bis zu extremen Formen von Ganzkörperekzemen, die etwa Kellner, Handwerker oder Köche berufsunfähig werden lassen können. Die Krankheit ist chronisch und nicht grundlegend heilbar.
Das Informatikteam der Hochschule Luzern um Marc Pouly, Informatiker mit Fachgebiet künstliche Intelligenz, hatte mit Alexander Navarini, Facharzt für Dermatologie an der Universität Zürich, eine Idee: Sie wollten eine App anbieten, die Patienten im Alltag hilft, den optimalen Zeitpunkt für eine Behandlung zu erkennen. Doch aus dem Projekt entfaltete sich ein vierteiliges Projekt: Die Skin App gibt dem Patienten Auskunft, wann der Zeitpunkt wäre, die Hände mit Salbe zu behandeln, um das Risiko eines Ekzemausbruchs zu vermindern. Die Skin App Box fotografiert in der Praxis die Hände des Patienten, markiert auf dem Bild die erkrankten Stellen und es Bild auf den Computer des Arztes. Die Skin App Behandlungshilfe errechnet für den Arzt, wie viele Prozente der gesamten Körperfläche des Patienten erkrankt sind, und liefert ihm andere medizinische Kennzahlen. Die Applikation Skin App Web ist eine Internetplattform, über die Ärzte eine Konsensdiagnose erstellen und so zur Verbesserung der Skin App beitragen.
Skin App hilft Patienten im Alltag
Vor all dem stand die Frage: Kann ein Computer prinzipiell Ekzeme von gesunder Haut unterscheiden? Dazu markierten Mediziner auf Fotografien, welche Körperflächen ihrer Patienten von einem Ekzem befallen sind. Das Bildanalyse-Team von Informatiker Thomas Koller von der Hochschule Luzern brachte dem Computer bei, die charakteristischen Strukturen von gesunder und befallener Haut zu erkennen. Gleichzeitig erstellte das System mittels maschinellem Lernen eine Art Struktur-Nachschlagewerk, das es dem Computer erlaubt, auch auf Bildern anderer Patienten Ekzemflächen zu markieren.
Skin App hilft Ärzten in der Praxis
Die Skin App, die Patienten bei der Behandlung von Hautekzemen unterstützt, steht kurz vor der Marktreife. Das Programm wird auch in einer Foto-Box genutzt, mit der der Patient im Wartezimmer selbstständig seine Hände fotografieren kann. Der Computer markiert Ekzemflächen, überspielt die Bilder auf den Computer des Arztes und unterstützt diesen auch in der Berechnung von medizinischen Kennzahlen wie dem Schweregrad der Erkrankung. Der Dermatologe muss den Befund nur noch überprüfen und erhält zudem eine präzise Dokumentation der Entwicklung der Krankheit. «Die interdisziplinäre Kompetenz der Hochschule Luzern, die Verbindung von Technik und Informatik, brachte das Projekt einen entscheidenden Schritt weiter», sagt Hautarzt Navarini.
Medikamente für 25’000 Franken jährlich
Dann bot sich das dritte Einsatzfeld für das Projekt Skin App: Eine neue Generation von Medikamenten für Ganzkörperekzeme kam auf den Markt, die jährlich bis zu 25‘000 Franken kosten können. Diese Anwendung bezahlen die Kassen nur, wenn die Ärzte einen detaillierten Nachweis über das Ausmass und die Schwere der Erkrankung liefern. Das ist schwierig für das menschliche Auge, aber ein unbestechlich rechnendes Skin-App-Programm hat damit keine Mühe. «Mehrere Firmen haben an der Innovation bereits Interesse bekundet», sagt Dozent Marc Pouly.
Als die Forscher das Programm mit immer mehr Bildern von markierten Handekzemen fütterten, um die Ergebnisse zu verbessern, stellte Pouly überrascht fest: «Zwei Ärzte können zu sehr unterschiedlichen Diagnosen gelangen. Das Programm braucht aber ein Konsensurteil, das den Durchschnitt möglichst vieler Diagnosen abbildet.» Das bekommt er aber nur, wenn mehrere Ärzte den gleichen Patienten beurteilen – und der Computer daraus eine Konsensdiagnose ableiten kann.
Ärzte auf der ganzen Welt arbeiten mit
Um Ärzte dazu zu bringen, Fotos erkrankter Hände zu beurteilen, haben die Informatiker Ruedi Arnold und Jörg Hofstetter (Kompentenzzentrum Distributed Secure Software Systems/D3S) die Applikation Skin App Web entwickelt, mit der Ärzte auf der ganzen Welt im Internet ihre Diagnose abgeben können. Denn je mehr Ärzte mitmachen, umso feiner die Diagnosen des Computerprogramms. «Die verschiedenen Teile des Projekts ‹Skin App› können unseren Arbeitsalltag extrem erleichtern, weil sie uns Aufgaben abnehmen, die viel Zeit beanspruchen», sagt Hautarzt Navarini. Das ist für Ärzte günstig – und für Versicherungen.