An der Women’s Business Conference der Hochschule Luzern werden jährlich Frauen gewürdigt, die sich durch unkonventionelle und herausragende Leistungen auszeichnen. Der diesjährige Women’s Business Award 2014 hat die Jury der 89-jährigen Ursula Brunner zugesprochen. Sie initiierte in den 1970er-Jahren die Bananenfrauen-Bewegung für einen gerechten Handel mit Waren aus Entwicklungsländern. Die Award-Gewinnerin kann jeweils einer Person ihrer Wahl den Companion Award überreichen, stellvertretend für all jene Menschen, die sie auf ihrem Weg begleitet und unterstützt haben. Ursula Brunner widmete diesen Mirjam Güntert, frühere Geschäftsführerin der Handelsfirma gebana AG, deren Gründermütter die Bananenfrauen waren.
Den Women’s Business Motivationspreis durfte Karin Stierlin für ihr Engagement im Umgang mit gesellschaftlichen Tabus entgegennehmen. Das Leitthema der Conference war Anspruchsmentalität.
«Beide, Ursula Brunner und Karin Stierlin, möchte die Jury dafür ehren, dass sie in ihrer Arbeit und mit ihrem Engagement unterschiedliche Ansprüche und wandelnde Mentalitäten erfolgreich gemeistert haben und immer noch meistern», sagt Jury-Mitglied und Women’s Business-Projektleiterin Prof. Dr. Sita Mazumder von der Hochschule Luzern – Wirtschaft.
Schweizer Aktivistin der ersten Stunde für fairen Handel
Ursula Brunner, 1925 in Frauenfeld geboren, wurde 1973 durch einen Film auf die enormen Missstände im Bananenanbau in Zentralamerika aufmerksam. In der Folge mobilisierte sie weitere Frauen als Mitstreiterinnen. Als «Frauenfelder Bananenfrauen» thematisierten sie öffentlich Fragen eines gerechten Welthandels und ökologischer wie sozialer Nachhaltigkeit und verkauften Chiquita-Bananen mit einem Aufpreis, den sie in soziale Projekte in den Anbauländern investierten. Später begannen die Aktivistinnen, Bananen aus Nicaragua selbst zu importieren. Sie gelten heute als Wegbereiterinnen des Fairen Handels in der Schweiz. «Als siebenfache Mutter und Pfarrersfrau musste sich Ursula Brunner damals vielen Ansprüchen stellen. Umso bewundernswerter ist, dass sie auf die Strasse ging, um sich politisch für Themen wie Nachhaltigkeit und Produzentenschutz zu engagieren und einen Mentalitätswandel zu bewirken», begründet Sita Mazumder die Wahl der Jury.
Ursula Brunner übergab den Companion Award stellvertretend für alle jene, die sie auf ihrem Weg unterstützt haben, an Mirjam Güntert. Güntert war zunächst Geschäftsführerin und heute Mitarbeiterin im Bereich Rohwarenhandel der gebana AG, einer Nachfolgeorganisation der Bananenfrauen-Bewegung. Die gebana AG beschäftigt weltweit mehr als 250 Mitarbeitende und bietet tausenden von Bauernfamilien Marktanschluss zu fairen Handelsbedingungen. Die Preise werden von Bucherer Uhren + Schmuck gesponsert.
Motivationspreisträgerin Karin Stierlin
«Karin Stierlin würdigen wir mit dem Motivationspreis, weil sie sich mit innovativen Ansätzen in einem gesellschaftlich oft vernachlässigten Feld betätigt. Der Bereich der sexuellen Aufklärung ist auch heute noch Tabuthema und wird in der Regel stiefmütterlich angegangen. Karin Stierlin hat diese wandelnden Ansprüche erkannt und geht mit taboobreaker neue Wege», sagt Sita Mazumder. Obwohl die Medien voll sind von Bildern, die Sex und Sexualität thematisieren, werden Konfliktfelder wie sexuell übertragbare Krankheiten oder sexueller Missbrauch im schulischen als auch im sozialen Umfeld nach wie vor tabuisiert und marginalisiert.
Deshalb gründete Karin Stierlin nach langjähriger Berufspraxis im Bereich der Pädagogik, Sexualerziehung und Prävention im Jahr 2012 die taboobreaker GmbH. Die Firma entwickelt reale und virtuelle Tools mit einem hohen spielerischen Ansatz, ohne die Problematik zu verharmlosen. Sie ermöglichen einen unlimitierten Zugang zu altersrelevantem und realitätsbezogenem Wissen und unterstützen junge Erwachsene in der Entwicklung eines verantwortungsvollen und selbstbewussten Lebensstils. Sponsor des Motivationspreises ist Arosa.
Anspruchsmentalität im Fokus der Konferenz
An der 9th Women’s Business Conference nahmen heute Dienstag, 18. November 2014, 350 Personen teil. Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Gesundheits- und Bildungswesen diskutierten aktuelle und widersprüchliche Ansprüche und Mentalitäten unserer Gesellschaft. Neben Ansprüchen bezüglich Altersvorsorge und der zunehmenden Akademisierung von Berufen standen die 24-Stunden-Gesellschaft mit ihrem Anspruch einer steten Verfügbarkeit zur Diskussion, aber auch die Frage, wie Frauen mit den Ansprüchen nach Verankerung im Beruf, Engagement in der Familie als Mutter und Attraktivität als Geliebte umgehen.
Women’s Business
Um die Gender-Durchmischung in den Firmen zu unterstützen und Frauen bewusst als Zielgruppe wahrzunehmen, hat das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern – Wirtschaft 2006 das Projekt Women’s Business ins Leben gerufen. Women’s Business bietet eine neutrale Plattform für Aus- und Weiterbildung sowie Networking. Sämtliche Aktivitäten werden dabei durch Forschung flankiert. Weitere Informationen auf www.womensbusiness.ch.