Rasche Wechsel von Bruststimme zu Falsetto und endlose Silbenabfolgen mit «O» und «U» – schon Menschen haben Mühe, Jodeln zu lernen. Aber wie bringt man einem Computer den traditionellen Alpengesang bei? Dieser Frage ging Daniel Pfäffli in seiner Master-Abschlussarbeit «Deep Neural Yodeling» nach. Eineinhalb Monate lang liess er ein sogenanntes neuronales Netz rechnen, bis dieses schliesslich etwas komponierte, das einem Jodelchor überraschend nahekommt, wenn auch einem mit Hang zur Melodie- und Rhythmuslosigkeit.
Der Natur-Jodel als Ausgangsmaterial
Pfäfflis Arbeit basiert darauf, dass sich der Computer selbst trainiert, indem er hunderte Stunden Musik «hört» und anschliessend seine eigenen Stücke komponiert. Bei klassischer Musik erzielt man mit diesem Ansatz schon gute Resultate, weil sehr viele Daten vorhanden sind, von denen der Computer lernen kann. «Beim Jodel ist der Datensatz viel schmaler», sagt Daniel Pfäffli. Mit Hilfe einer Forscherin des Departements Musik der Hochschule Luzern sammelte er schliesslich 15 Stunden Natur-Jodel, also wortlosen Gesang ohne Instrumentenbegleitung.
Mehr als nur eine Spielerei
Mit echten Gehirnen haben neuronale Netze wie Deep Neural Yodeling übrigens nichts zu tun. Sie bestehen aus «Schichten» computersimulierter Nervenzellen (Neuronen). Die Technologie ist mehr als nur eine Spielerei. Das Algorithmic Business Research Team ABIZ des Departements Informatik, dem nun auch Daniel Pfäffli als wissenschaftlicher Mitarbeiter angehört, sieht Deep Neural Yodeling als Testlauf für eine künftige industrielle Nutzung, um kreatives Arbeiten zu unterstützen. Ein potenzielles Anwendungsgebiet ist etwa die Medizintechnik, bei der neuronale Netze Krankheitsverläufe simulieren sollen. Möglich sind auch ganz alltägliche Anwendungen: «Wir haben schon Ideen für Kochbücher mit computergenerierten Rezepten.»
Vorderhand bleibt Daniel Pfäffli am Thema Jodel dran. In einem Nachfolgeprojekt will er ein leistungsstärkeres neuronales Netz einsetzen, das allerdings mehr Rechenleistung erfordert. «Damit schaffe ich es vielleicht, mehr Melodie und Rhythmus ins Lied zu bringen», sagt er. Im Idealfall rechnet ein neuronales Netz, bis es keine Fehler mehr produziert. In der Realität gibt es laut Pfäffli einen Punkt, an dem es sich nicht mehr selbst weiter verbessern kann. Bis ein Computer einen echt klingenden Jodel komponiert, werde daher noch viel Zeit vergehen. «Für den Anfang bin ich zufrieden, wenn das zweite Netz das erste schlägt.»
Autor: Martin Zimmermann
Foto: Martin Vogel