Das Thema klingt zunächst einmal sehr sperrig. Modellierung und Simulation von Tageslicht-Lenksystemen – was soll das sein? Doch wer sich mit Lars Oliver Grobe vom Departement Technik & Architektur der Hochschule Luzern unterhält, der versteht schnell, dass das Thema nicht nur wichtig ist, wenn man Energie sparen möchte. Es geht vor allem auch darum, zu vermeiden, dass Gebäude entstehen, die so hell, dunkel, heiss oder kalt sind, dass sie nur eingeschränkt oder gar nicht nutzbar sind. «Vom Lichteinfall hängt auch die Temperatur im Gebäude ab», sagt der Luzerner Forscher Lars O. Grobe. «Fällt zu viel ungefiltertes Sonnenlicht ein, braucht es eine grössere Klimaanlage oder im Gebäude wird es zu heiss. Ist die Anlage hingegen überdimensioniert, wird sie zu teuer und ist auch nicht ressourcenoptimiert, sprich nicht nachhaltig. Nicht zuletzt fühlt sich auf Dauer niemand in einem Raum ohne Tageslicht wohl. Wir müssen den Lichteinfall also zu einem berechenbaren Faktor im Gebäude machen.»
Das Licht gekonnt leiten
Lars O. Grobe und die Forschungsgruppe Envelopes and Solar Energy um Stephen Wittkopf haben – unterstützt vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) – Modelle entwickelt, die den Lichteinfall in einen Erweiterungsbau des Flughafens im kanadischen Calgary durch ein besonderes Oberlicht voraussagen. Eingebaut in dieses gläserne Oberlicht sind spiegelnde Raster aus Kunststoff, die den Einfall von Tageslicht kontrollieren und umlenken: Direktes Sonnenlicht lässt es nicht hinein, diffuses hingegen schon. Dieses wird so geleitet, dass der Innenraum des vom Architekturbüro Dialog entworfenen Erweiterungsbaus gleichmässig und taghell erleuchtet ist. Dabei bleiben die Raster fast unsichtbar – von der Halle aus sieht man zwar den Himmel, aber nicht die Sonne. Das scheinbar streng geometrische Raster besteht in Wirklichkeit aus gewölbten Flächen, deren Berechnung äusserst komplex ist. «Das System wurde ursprünglich für Museen entworfen», erklärt Lars O. Grobe, «dort sollten die Bilder nicht dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt werden, gleichzeitig aber die Besucher das Gefühl haben, sie würden die Kunstwerke im Tageslicht sehen.»
Weil sich die Sonneneinstrahlung über den Tag und über das ganze Jahr hinweg ständig ändert, sind vor der Installation komplizierte Modelle und Simulationen nötig. Lars O. Grobe, der die Simulationen auf Seiten der Hochschule Luzern betreute, betont die enge Zusammenarbeit zwischen dem grossen, weltweit operierenden Fassadensystem-Hersteller Siteco, dem Fachplanungsbüro Transsolar und den hochspezialisierten Luzerner Forschenden. Die Luzerner verfügen zudem über spezifische Infrastruktur, um ihre Modelle durch Messungen zu testen. Auch vor Ort konnten die Erwartungen inzwischen von den Partnern bei Transsolar durch Messungen bestätigt werden.
Das Tageslicht-Lenksystem funktioniert im Flughafen von Calgary einwandfrei. Die Forschung und die Zusammenarbeit zwischen den Partnern gehen weiter, mittlerweile unterstützt vom Bundesamt für Energie im Rahmen des Projekts «High Resolution Complex Glazing Library» sowie im Rahmen des Swiss Competence Center for Energy Research (SCCER). In Zukunft sollen die an der Hochschule Luzern entwickelten Modelle den Planern frühzeitig zur Verfügung stehen. Im Zuge der Energiewende besteht auch in der Schweiz das Ziel, den Einfall des Tageslichtes optimal zu nutzen, ohne dass sich das Gebäude übermässig erhitzt. Denn es soll zwar Licht werden, aber bitte ohne Hitze.
Autorin: Valeria Heintges
Fotos: Martin Vogel; Peter A. Sellar, Toronto