Wenn die Olympiasiegerin und Weltmeisterin Tina Maze durchs Ziel fährt, fiebern Johann Lodewyks und sein Team vom Departement Technik & Architektur besonders mit. Denn die Slowenin fährt mit Stöckli-Skis. Und damit auch ein bisschen mit dem Innovationsgeist der Hochschule Luzern. Lodewyks leitet ein Forschungsprojekt, bei dem er mit seinem Team die Skipresse der Firma Stöckli optimierte. Das tönt simpel, ist aber hochkomplex. Zwei Fachbereiche legten dafür ihr Know-how zusammen: die Maschinen- und die Elektroingenieure. «Wir erzielten Verbesserungen am Heizsystem der Skipresse und nahmen mechanische Veränderungen vor», sagt Maschineningenieur Lodewyks. Das Projekt wird von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) des Bundes unterstützt.
Skipresse als Mysterium
Weltweit gibt es nur eine Firma, die Skipressen herstellt. Diese funktionieren nach eigenen Gesetzen. In ihrem Innenraum werden Rohmaterialien wie Holz, Aluminium und Kunststoff zu einem Ski gepresst, doch vorhersehbar ist das Ergebnis nicht. Schon die minimsten Veränderungen im Zusammenspiel von Mechanik, Temperatur, Feuchtigkeit und Pressdauer beeinflussen das Ergebnis. Deshalb ist jeder Ski ein Unikat. Nach der Produktion wird jeder Ski geprüft und mit dem passenden Pendant vereint. Zu einem Paar werden Skis also erst durch ein handverlesenes Auswahlprozedere.
Ziel des Forschungsprojekts war eine höhere Einflussnahme auf den Prozess in der Presse, um standardmässig eine hohe Qualität zu erreichen. «Als wichtigster Einflussfaktor erwies sich die Wärmeverteilung in der Maschine», sagt Teilprojektleiter Gabriel Vonwyl vom Kompetenzzentrum Integrale Intelligente & Effiziente Energiesysteme, das aufgrund früherer Kooperationen mit Stöckli das Projekt initiieren konnte. Zum Verständnis der Vorgänge im Inneren des Skis und der Presse trugen intensive Simulationsrechnungen bei, die Lodewyks und sein Team am Kompetenzzentrum Mechanische Systeme durchführten.
Der Heizprozess, der in einer Art Ofen abläuft, wurde völlig verändert. Statt Dampf kommt nun heisses Wasser zum Einsatz. Zudem kann die Temperatur genauer eingestellt und während des Pressprozesses variiert werden. Und der Heizvorgang ist dabei erst noch ressourcenschonender. Die Presse verbraucht 20 Prozent weniger Energie als früher. Zudem wurde sie bedienerfreundlicher: Statt über Knöpfe lässt sie sich nun über Touchscreens steuern. Dank dem neuen Prozess funktioniert die Skipresse nun insgesamt effizienter. «Effizient heisst letztlich, dass in der gleichen Zeit mehr Skis gepresst werden können und die Qualität verbessert wurde», erklärt Gabriel Vonwyl. Die Steigerung beträgt etwa 10 Prozent. Zudem zeigt die Bedienerfreundlichkeit Wirkung: Die Umrüstzeiten sind heute noch halb so lang wie früher.
Operation am offenen Herzen
Etwa eine halbe Million Franken investierte das Unternehmen Stöckli in den neuen Prozess und die neue Mess-, Steuer- und Regelungstechnik. Walter Reusser, Leiter der Eigenmarken, und Betriebsmittelkonstrukteur Stephan Renggli leiteten das Projekt seitens Stöckli. Beide sind überzeugt, dass sich die Investition lohnt. «Die Skipresse ist das Herzstück unserer Produktion. Sie gibt dem Ski den Charakter », sagt Walter Reusser.
Dass die Optimierungen gelingen, war für ihn nicht selbstverständlich, denn immerhin tüfteln die Skibauer seit Jahrzehnten selbst an Verbesserungen. Etwas Skepsis war vor der «Herzoperation » also durchaus da, zumal die Umstellung schnell passieren musste, quasi bei laufender Produktion. Für Tina Maze seien vor dem Projektstart extra Reserveskis hergestellt worden. «Wir haben Rennskis vorproduziert, um sicherzugehen, dass wir genügend haben, falls etwas schiefgeht», sagt Reusser. Die Sorge war unbegründet. «Wir sind positiv überrascht. Das war wirklich eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit.»
Das Unternehmen Stöckli Ski möchte die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden der Hochschule Luzern denn auch weiterführen. Diese haben bereits Ideen für weitere Untersuchungen. «Man könnte versuchen, den Klebevorgang in der Presse noch besser zu verstehen», sagt etwa Gabriel Vonwyl, und man spürt, dass das Herzstück der Produktion auch zur Herzensangelegenheit der Projektmitarbeiter geworden ist. Der Entscheid für eine Weiterführung fällt in den nächsten Monaten. Unterdessen wird die optimierte Skipresse zuverlässig produzieren, Tina Maze wird über die Ziellinien sausen, und das Projektteam um Lodewyks wird beim Zuschauen spüren: Ein bisschen ist das auch ihr Rennen.
Autorin: Lucia Theiler