«Normalerweise ist die erste Ziffer keine Eins, sondern eine Zwei», zeigt Albert Loichinger stolz auf die Kennzahl, die auf der Energieetikette zu lesen ist. Tatsächlich: Der Geschirrspüler, der hier in der Fabrikhalle der Firma V-Zug montiert wird, setzt neue Massstäbe punkto Energieverbrauch. Nur gerade 137 Kilowattstunden (kWh) Strom pro Jahr verbraucht das neue Aushängeschild der Firma, deutlich weniger also als die heute üblichen 200 bis 250 kWh. Der Innerschweizer Haushaltgerätehersteller unterbietet damit die Vorgaben der besten Kategorie A+++ der Energieetikette locker um etwa die Hälfte.
Die Reduktion des Stromkonsums erreichte das Unternehmen dank einer engen Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Thermische Energiesysteme und Verfahrenstechnik der Hochschule Luzern. Zusammen mit dem Team von Beat Wellig, Leiter des Kompetenzzentrums, entwickelten die V-Zug-Ingenieure um Albert Loichinger und Ernst Dober den weltweit ersten Geschirrspüler, der das Spülwasser nicht mit einem elektrischen Heizstab, sondern mit einer Wärmepumpe erhitzt. «Wenn wir die 2000-Watt-Gesellschaft realisieren wollen, müssen wir auch bei häufig benutzten Haushaltgeräten den Energieverbrauch möglichst stark reduzieren», erläutert Loichinger. «Immerhin tragen diese Geräte rund 13 Prozent zum gesamten Stromverbrauch der Schweiz bei.»
Knapper Raum als Herausforderung
Wärmepumpen werden inzwischen bei diversen Haushaltgeräten eingesetzt, etwa bei Wäschetrocknern oder Waschmaschinen. Anders bei Geschirrspülern: «Ein moderner Geschirrspüler ist ein hochoptimiertes Gerät, damit möglichst viel Raum für Geschirr zur Verfügung steht», erläutert Loichinger. «Die zentrale Frage für uns war also: Wie bringt man darin zusätzlich eine Wärmepumpe unter?» Mit viel Geschick lösten die Ingenieure diese Aufgabe, ohne dass Stauraum für Geschirr verloren ging. Eine besonders harte Nuss war der Kompressor, dessen Grösse die Zulieferfirma nur um wenige Zentimeter reduzieren konnte. Damit er Platz fand, mussten Teile wie die Umwälzpumpe und der Wassertank neu konstruiert werden. Dabei rangen die Ingenieure buchstäblich um jeden Zentimeter.
Auch in einem anderen Punkt forderte der enge Raum die Ingenieure heraus: «Die Grundidee der Wärmepumpe ist, dass sie der Umgebung Wärme entzieht und mit dieser Energie das Spülwasser erhitzt», erklärt Stefan Flück, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Luzern. Eine Wärmepumpe, die der Umgebungsluft direkt Wärme entzieht, wäre jedoch zu sperrig und zu laut für einen Geschirrspüler. Deshalb bauten die Ingenieure einen Latentwärmespeicher ein, der mit Leitungswasser gefüllt ist.
Während des Spülens entzieht die Wärmepumpe dem Wasser im Speicher Energie, um das Spülwasser zu erhitzen. Der Speicher kühlt sich so stark ab, dass das Wasser teilweise gefriert. Nach dem Spülgang taut das Eis auf, und der Latentwärmespeicher erwärmt sich wieder auf Raumtemperatur. Der Geschirrspüler bezieht seine Heizenergie also aus der Raumluft der Küche. Dass die Rechnung aufgeht, konnte Flück mit aufwändigen Bilanzierungen zeigen: «Insgesamt gibt die Spülmaschine mehr Wärme an die Küche ab, als sie für den Betrieb der Wärmepumpe aufnimmt.»
Bereits auf dem Markt
Neben dem engen Raum mussten die Ingenieure einen zweiten wichtigen Aspekt beachten: «Der Geschirrspüler wird in der gleichen Fertigungslinie wie alle anderen Modelle hergestellt», berichtet Patrick Bon, der bei V-Zug die gesamte Baugruppe verantwortet. Die Entwickler fanden auch dafür eine pfiffige Lösung: Die Wärmepumpe wird als kompaktes Modul ganz am Schluss unten an den Geschirrspüler montiert. Dies hat auch Vorteile für den Service: Bei einem Defekt im technisch heiklen Kältemittelkreislauf der Wärmepumpe kann der Monteur einfach die ganze Einheit auswechseln.
Entwickelt wurde das Gerät über gut vier Jahre in zwei KTI-Projekten. «Im ersten Projekt entwickelten wir einen Prototyp », erzählt Beat Wellig. «Im zweiten optimierten wir das Gerät bis zur Marktreife. » Dazu waren nicht nur ausführliche theoretische Überlegungen und Modellrechnungen notwendig, sondern auch etliche Versuche im Labor. «Bei einem solchen Vorhaben ist es wichtig, dass man auch einfach mal den Mut hat, etwas auszuprobieren », stellt Loichinger fest. «Dann sieht man früh, wo die wirklich kritischen Punkte sind.» Mit dem Resultat ist nun auch Flück sehr zufrieden: «Wir haben ein innovatives Produkt mitentwickelt, das es bereits auf den Markt geschafft hat – und das notabene jedermann aus dem Alltag kennt.»
Text: Felix Würsten
Foto: Patrizia Human