von Isabel Baumberger
Negussineh K. lacht. «Nein», sagt sie und wedelt energisch mit dem Kochlöffel, «das ist kein Originalrezept aus meiner Heimat.» Denn, erklärt die 43-jährige Äthiopierin: «Um es nach der Tradition zuzubereiten, würden wir vier Tage brauchen.» Deshalb hat sie die Zutaten und Gewürze zwar beibehalten, das Rezept aber mit einer im Internet gefundenen Kreation vermählt und arrangiert nun auf dem Probierteller liebevoll ein ebenso farbenfrohes wie appetitliches Gemüsetürmchen. Zur Seite steht ihr dabei die Portugiesin Maria F. (41), die am Nachmittag einen Kabeljau mit Kartoffeln in den Ofen schieben wird. Johnny S., ein stämmiger Serbe von 62 Jahren, dünstet indessen Fleisch mit fein gehackten Zwiebeln für seine gefüllten Peperoni an. Auch sein Gericht wird auf dem Teller leuchten, denn er verwendet nur gelbe und orange Peperoni. «Damit die Teilnehmenden nicht einfach kochen, was sie immer kochen, sondern zu neuen Kreationen angeregt werden, haben wir diesmal die Farben vorgegeben: Orange, Gelb und Violett», sagt Chefköchin Claudia Kober, die ihre Augen überall hat und die Zubereitungsweise notiert, damit diese später nachgekocht werden kann.
Vom Projekt TransGusto zum Unternehmen «Libelle»
Negussineh K., Maria F. und Johnny S. sind erwerbslos und arbeiten seit einiger Zeit im Quartierrestaurant «Libelle» an der Maihofstrasse 61 in Luzern. Betrieben vom SAH, unterstützt von der Drosos-Stiftung bietet die «Libelle» seit Frühling 2014 verschiedene Arbeitsintegrationsprogramme an. Die Teilnehmenden sind Menschen mit geringen Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die meisten mit Migrationshintergrund. Gecoacht von Gastronomiefachleuten eignen sie sich hier Kenntnisse an, die ihnen bei der Stellensuche nützen und eine neue Perspektive eröffnen sollen. Anstoss für das Programm war ein Modellversuch aus der Ideenküche der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit Ende der Nullerjahre. Das damalige Projekt TransGusto wurde ursprünglich in Zusammenarbeit mit dem Institut für Lebensmittelinnovation der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) als kulinarisch innovatives Catering und Take-away konzipiert und nach einer intensiven Pilotphase zur Realisierung dem SAH Zentralschweiz übergeben. Dort entstand daraus das Unternehmen «Libelle». Der Kern der ursprünglichen Idee ist geblieben: die Innovationsworkshops, deren Resultate jeweils für eine Weile die Mittagskarte bereichern. Zubereitet werden die Gerichte von denjenigen Teilnehmenden, die das Rezept kreierten. Sie, die sonst als Küchenhilfen, am Buffet oder im Service arbeiten, stehen dann in der offenen, vom Gastraum aus einsehbaren Küche für einmal im Mittelpunkt. «Das gibt uns Gelegenheit, den Gästen bewusst zu machen, dass hier Migrantinnen und Migranten am Werk sind», sagt Franziska Kramer, Geschäftsleiterin der «Libelle». «Über die Rezepte kommt man miteinander ins Gespräch und die Teilnehmenden erfahren direkte Anerkennung für ihre Leistung. Das ist jeweils ein Highlight ihrer Tätigkeit bei uns.»
Ein Gemüsetürmchen macht Karriere
Negussineh K., Maria F. und Johnny S. sind erwerbslos und arbeiten seit einiger Zeit im Quartierrestaurant «Libelle» an der Maihofstrasse 61 in Luzern. Betrieben vom SAH, unterstützt von der Drosos-Stiftung bietet die «Libelle» seit Frühling 2014 verschiedene Arbeitsintegrationsprogramme an. Die Teilnehmenden sind Menschen mit geringen Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die meisten mit Migrationshintergrund. Gecoacht von Gastronomiefachleuten eignen sie sich hier Kenntnisse an, die ihnen bei der Stellensuche nützen und eine neue Perspektive eröffnen sollen. Anstoss für das Programm war ein Modellversuch aus der Ideenküche der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit Ende der Nullerjahre. Inzwischen sind gefüllte Peperoni, Gemüsetürmchen und andere Gerichte bereit zum Probe-Essen. An einem langen Tisch werden sie von den Teilnehmenden des Innovationsworkshops unter Scherzen und kulinarischen Fachsimpeleien verkostet. Küchenmeisterin Claudia Kober, die vor ihrer Zeit in der Luzerner «Libelle» viele Jahre in der Spitzengastronomie tätig war, ist zufrieden: «Die Rezepte werden wir, leicht abgewandelt für die tägliche Handhabung, als Mittagsmenüs servieren. Möglich, dass die eine oder andere Komposition irgendwann auch in der Abendkarte auftaucht.» So macht Negussinehs Gemüsetürmchen nach äthiopischer Art vielleicht bald als Bestandteil romantischer Diners Karriere. Und hilft seiner Kreateurin hoffentlich beim Finden einer Arbeitsstelle.
Dieser Artikel ist in der Publikation «Soziale Arbeit», Ausgabe Oktober 2015, erschienen.