Die klimaverträgliche Modernisierung von Gebäuden ist eine der zentralen Voraussetzungen, um das Klimaziel Netto-Null bis 2050 in der Schweiz zu erreichen. Der Gebäudebereich trägt rund 25 Prozent zur Emission von Treibhausgasen in der Schweiz bei. Nur ein Prozent der Gebäude werden aktuell pro Jahr energetisch erneuert. Um die Klimaziele zu erreichen, müsste sich die Sanierungsquote zumindest verdoppeln.
Einer der Hauptgründe, weshalb die energetische Sanierung zu langsam voranschreitet, liegt im fehlenden Zugang zu einer tragbaren Finanzierung. So haben etwa junge Familien nach dem Kauf eines Eigenheims keinen finanziellen Spielraum für die klimaverträgliche Modernisierung ihres Hauses. Oder ältere Personen mit einem Einfamilienhaus erfüllen die Tragbarkeitsbedingungen für einen weiteren Kredit nicht aufgrund des tieferen Einkommens nach der Pensionierung. Ähnliche Hindernisse bestehen auch für die Eigentümerschaft von Mehrfamilienhäusern.
Längere Amortisation der Investitionen
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die bestehenden Förderprogramme und das Angebot von Hypotheken mit Vorzugszinsen nicht ausreichen, um die energetische Sanierung massgeblich zu beschleunigen. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit swisscleantech prüfen das Institut für Betriebs- und Regionalökonomie IBR und das Institut für Gebäudetechnik und Energie IGE der Hochschule Luzern deshalb neue, ergänzende Finanzierungsinstrumente. Ein Lösungsansatz, der massgeblich vom Projektpartner Christian Zeyer von swisscleantech entwickelt wurde, liegt in der Amortisation der Investitionen über einen längeren Zeitraum hinweg. Konkret über einen Zeitraum von rund 30 Jahren. Dadurch sinkt die jährliche Belastung und der Zugang zur Finanzierung wird erleichtert.
Öffentliche Hand könnte Risiken absichern
Noch gibt es in der Schweiz keine Finanzierungsinstrumente mit einem so langen Zeithorizont, denn solche Anlagen werden vom Kapitalmarkt als unsicher und risikoreich eingestuft. «Je höher die Kapitalgeberin das Risiko einschätzt, desto höher setzt sie die Zinsen an. Dadurch würden die langfristigen Darlehen für Eigentümerinnen und Eigentümer automatisch unattraktiv», erklärt Projektleiter Justus Gallati.
Die Forschenden untersuchen nun, ob und in welcher Form die öffentliche Hand hier einspringen und die Risiken absichern könnte. «Indem die öffentliche Hand einen Teil des langfristigen Risikos übernimmt, erzielt sie im Gegenzug eine höhere Rate an energetischen Sanierungen – und einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele», so Gallati. Es handle sich dabei um einen Risikoabtausch: ein (beschränktes) finanzielles Risiko gegen das Risiko, die Klimaziele nicht zu erreichen.
Fonds für energetische Erneuerung
«Das Ausmass und die Form der Absicherung sind noch zu bestimmen», so Gallati. Im Rahmen der Totalrevision des CO2-Gesetzes nach 2020 hat das Projektteam dem Bundesamt für Energie BFE entsprechende Vorschläge unterbreitet. Denkbar wäre laut dem Projektleiter eine Absicherung in Form von Bürgschaften oder durch staatliche Kredite, welche als Eigenkapital für diese neuen Finanzierungsinstrumente dienen. Konkret liesse sich ein solches Instrument als Fonds realisieren, der auf dem Kapitalmarkt Anleihen aufnimmt und langfristige Darlehen für energetische Erneuerungen vergibt. Aufgrund der Absicherung durch die öffentliche Hand würde ein solcher Fonds auf dem Kapitalmarkt ein hohes Rating erzielen und könnte entsprechend günstiges Kapital beschaffen. Das Resultat: attraktive, langfristige Darlehen für Eigentümerinnen und Eigentümer.
Pilotstudie mit Städten und Kantonen
Ähnliche Instrumente gibt es bereits: etwa der niederländische Energiesparfonds, mit dem der Staat zinslose Kredite als Eigenkapital zur Verfügung stellt oder die Absicherung durch Bürgschaften im gemeinnützigen Wohnungsbau in der Schweiz. Diese Beispiele lassen sich jedoch nicht eins zu eins auf die Finanzierung von energetischen Erneuerungen übertragen. In einem Pilotprojekt untersuchen die Forschenden deshalb gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Städten und Kantonen, Finanzinstituten und des Gewerbes wie solche langfristigen Finanzierungsinstrumente optimal ausgestaltet werden. Im Zentrum steht die Frage nach der idealen Form der Absicherung (Bürgschaft, Eigenkapital oder eine Mischform) sowie das Zusammenspiel der verschiedenen staatlichen Ebenen.