Unser Arbeitsalltag hat sich durch die Digitalisierung stark verändert. Praktisch alle Berufsgruppen sind davon betroffen. Auch im Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ), wie diese Beispiele zeigen: Früher gingen Mitarbeitende der hauseigenen Hotellerie von Zimmer zu Zimmer und notierten die Essenswünsche auf Papier. Heute nehmen sie die Bestellung digital mit einem Tablet auf und in absehbarer Zeit werden die Patientinnen und Patienten im SPZ ihr Mittag- oder Abendessen selber online bestellen.
Auch in der Pflege und Therapie hinterlässt die Digitalisierung ihre Spuren im SPZ: Medizinisch zertifizierte Biosensoren etwa in Armbändern, Kleidungsstücken oder direkt auf der Haut überwachen die Vitaldaten der Patientinnen und Patienten. Um Fehler zu vermeiden und die Patientensicherheit weiter zu erhöhen, wird aktuell ein Roboter eingerichtet, der die Medikamente zusammenstellt. Pflegefachpersonen steuern und überwachen den Prozess anschliessend vom Laptop aus. Therapeutinnen und Therapeuten setzen Gehroboter und digitale Ganganalysen ein, um Personen zu mobilisieren, ihr Gleichgewichtsgefühl zu stärken und Aufbautrainings zusammenzustellen. Machine Learning unterstützt die Ärzteschaft bei der Diagnose und Vorbereitung chirurgischer Eingriffe.
Mitarbeitende für die Arbeit von morgen stärken
Digitalisierung und Technologisierung bergen ein immenses Potenzial: «Damit unsere Mitarbeitenden die Möglichkeiten der Arbeitswelt 4.0 für sich nutzen können, wollten wir sie mit einer Weiterbildung sensibilisieren und Ängste und Hürden abbauen», sagt Marcel Unterasinger, Personalleiter des SPZ.
Anstatt intern eine Weiterbildung zu entwickeln, entschied sich das SPZ mit der Hochschule Luzern zusammenzuarbeiten. Ziel des Angebots war es, nicht im Klassenzimmer Theorie zu vermitteln, sondern den Lernprozess online zu gestalten. Der wichtige Praxisbezug zu den einzelnen Themen sollte während den Präsenztagen eins zu eins umgesetzt werden, damit die Teilnehmenden in die Inhalte eintauchen können. «Durch das Know-how der HSLU stieg die Wertigkeit und Attraktivität des Lehrgangs für unsere Mitarbeitenden», erklärt Unterasinger. Laut dem Personalleiter sah sich das SPZ bereits damals mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert – dem zunehmenden Fachkräftemangel: «Indem wir die Mitarbeitenden für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen befähigen, werden wir automatisch auch attraktiver als Arbeitgeberin», ist der Personalleiter überzeugt.
Gemeinsamen Lehrgang entwickelt
Mit diesem Argument überzeugte das SPZ weitere Unternehmen von der Idee. So haben auch die SUVA und die CSS den Weiterbildungslehrgang von Beginn weg mitgestaltet. «Die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen hat den Lehrgang enorm bereichert. Es flossen unterschiedliche Blickwinkel aus der Praxis mit ein und die Weiterbildungsteilnehmenden profitierten vom gegenseitigen Erfahrungsaustausch», so Unterasinger. Im Verlauf des Projekts stiessen die Verwaltungsweiterbildung Zentralschweiz und die Stadt Zürich dazu.
Wenn die Arbeitswelt 4.0 mit einem Schlag Realität wird
Die ersten Mitarbeitenden besuchten den gemeinsam entwickelten Lehrgang ein Jahr bevor die Corona-Pandemie ausbrach. «Der ideale Zeitpunkt, um sich mit Online-Meetings und Teamtools auseinanderzusetzen», so Unterasinger. Diese Meinung teilt auch Ivo Halter, der als Angestellter der SUVA den Kurs besuchte: «Ich war bestens vorbereitet auf digitale Kommunikation und virtuelle Zusammenarbeit», sagt der mittlerweile Pensionierte.
Ab März wird die Hochschule Luzern den Weiterbildungslehrgang bereits zum dritten Mal durchführen. Über 200 Mitarbeitende der involvierten Unternehmen haben den Kurs inzwischen erfolgreich absolviert. Durch Corona sind mobiles Arbeiten und digitale Kommunikation für viele Alltag geworden. «Wir können nun nochmals eine Schippe drauflegen und auf einem höheren Level ansetzen, damit die Teilnehmenden auch weiterhin vom Kurs profitieren», so Unterasinger.
Vom Weiterbildungskurs zum kompletten CAS
Profitiert hat auch die Hochschule Luzern von der Zusammenarbeit: «Das SPZ hat uns damals mit der Anfrage für einen Kurs, der von der Chefärztin bis zum Gärtner allen zugänglich sein soll, herausgefordert», sagt Projektleiterin Bettina Hübscher. Das interdisziplinäre Projektteam löste die Knacknuss mit dem Einstiegsmodul «Ich in der Arbeitswelt 4.0». «In diesem Modul kann jede und jeder, unabhängig einer Qualifikation oder bestimmten Funktion, in die neue Arbeitswelt eintauchen und die Chancen für sich erkennen. Aber auch Strategien im Umgang mit den Risiken der Digitalisierung entwickeln», so Hübscher. «Wer neugierig ist, Neues zu entdecken, ist hier genau richtig.»
In der Zwischenzeit sind zwei weitere Module dazugekommen: Modul 2 «Kreativität & Innovation» fokussiert auf kreative Methoden der Zusammenarbeit und Innovationsprozesse, Modul 3 «Leistungen & Lösungen» befähigt die Teilnehmenden, das Potenzial neuer Technologien wie Artificial Intelligence, Robotik und Machine Learning zu nutzen. Zusammen bilden die drei Module den neuen Studiengang «CAS Arbeitswelt 4.0», der ab März nicht nur den involvierten Unternehmen, sondern allen Interessierten offensteht.
CAS Arbeitswelt 4.0
Wer sein Profil in der neuen Arbeitswelt stärken möchte, kann dies mit dem CAS Arbeitswelt 4.0 tun. Die berufsbegleitende Weiterbildung startet im März 2021 und besteht aus drei Modulen, wobei jedes Modul einzeln als Fachkurs oder in Kombination als CAS-Programm besucht werden kann.