Die Möglichkeiten, sich online über Reiseziele, Hotels und Attraktionen zu informieren und diese zu buchen, haben den Tourismus komplett verändert. Digitale Medien und Werkzeuge begleiten und prägen die gesamte «Customer Journey»: Gäste lassen sich online inspirieren, planen entsprechend, buchen online und nutzen auch während und nach dem Aufenthalt digitale Informationsquellen und Tools. Für Anbieter gilt daher, selbst aktuell und smart unterwegs zu sein. Nur wer für den Gast einen Mehrwert schafft anstatt ihn mit Werbung zu langweilen, wird langfristig digital überleben. Getrieben durch die Digitalisierung findet im Tourismus aktuell ein fundamentaler Umbruch statt. Das Smartphone gleichzeitig Informationskanal, Reiseführer, Kamera, aber auch Buchungstool für Flüge, Übernachtungen und Ausflüge in der Destination. Auch Laptops, Tablets und PCs werden laufend in den Informations- und Buchungsprozess involviert.
Fundamentaler Umbruch im Tourismus
Die rasant fortschreitende Vernetzung trifft die Tourismusbranche fundamental. «Zukünftig gilt es, den Gast von der Inspiration bis zur Bewertung gesamthaft anzusprechen», betonte Andreas Liebrich, e-Tourism Experte des Instituts für Tourismuswirtschaft ITW der Hochschule Luzern in seinem Einstiegsreferat. Basierend auf der «Customer Journey» zeichnete er ein typisches Gästeverhalten – von der Inspiration bis zur Kundenrückmeldung auf. Nach der Buchung durchlaufe der Gast mehrere Phasen. Nach der Informationsphase, benötigt er konkrete Angaben, um den Buchungsentscheid fällen zu können. Auch anschliessend bleibt er weiterhin vernetzt. Reisende informieren sich laufend vor Ort und bewerten die Erlebnisse. Das Ziel der Branche müsse es sein, die Gäste in jedem Abschnitt der Journey auf den je nach Herkunft und Alter unterschiedlichen Kanälen zu erreichen und anzusprechen.
Die Digitalisierung wird die Tourismusbranche in den nächsten Jahrzehnten grundlegend revolutionieren. Klar im Vorteil werden diejenigen Akteure sein, die einerseits die Vorteile der Digitalisierung für sich zu nutzen wissen, andererseits aber auch die Herausforderungen des digitalen Wandels aktiv annehmen. Durch die digitale Informationsflut wird es für Unternehmen und Tourismusregionen immer wichtiger, sich von der Konkurrenz abzuheben und den Gästen die relevanten Inhalte zu kommunizieren. Dazu ist es einerseits nötig zu wissen, wofür ein Unternehmen steht und welche Werte es nach aussen tragen will. In diesem Umfeld spielt Google offenkundig eine dominante Rolle. Philipp Ries, verantwortlich für die Tourismusbranche bei Google, unterstrich, dass die Zukunft im datenbasierten Marketing liege. Hier sieht er eine der grossen Chancen der Digitalisierung. Touristiker/innen müssten ihre Gäste genau kennen, um sie gezielt und individuell anzusprechen. Erst in einem zweiten Schritt gelte es, die Vielzahl der (digitalen) Kanäle professionell und zielgenau zu bedienen.
Digitaler Gästekontakt: persönlich und in Echtzeit
Als eigentlicher Shooting Star unter den Online-Werbern gilt Tom Hanan. Seine Agentur Webrepublic gilt mittlerweile als führende Digitale Werbeagentur der Schweiz. «Heute geht es für die Unternehmen nicht mehr um die Entwicklung von Anzeigen und Werbekampagnen», betont Tom Hanan. Das Ziel ist ein ganzheitlicher Zugang zu den vielfältigen Erwartungen und Bedürfnissen vernetzter Kunden: ein Connected Marketing für Connected Customers. Das Programmatic Advertising, die automatische und in Echtzeit erfolgende Nutzung von personalisierten Werbeplätzen, steckt laut Hanan in der Schweiz noch in den Kinderschuhen: Im Fernsehen erhalten alle Zuschauer dieselben Werbespots vorgesetzt. Bei den neuen Kommunikationskanälen sei das anders: Er ist überzeugt, dass es lediglich eine Frage der Zeit ist, bis sich diese Technologien auch bei uns breit durchsetzen.
Wilko Weber, einer der führenden Revenue-Management Spezialisten der Reisebranche, unterstreicht, dass sich die Herausforderungen der Leistungsträger grundlegend verändert haben: «Die Preisliste hat ausgedient - der moderne Hotelier muss Revenue-Manager, Online-Marketeer, Big Data-Analyst und vieles mehr sein.»
«Schöne neue Welt – Wie viel digital ist gut?»
In der abschliessenden Podiumsdiskussion «Schöne neue Welt – Wie viel digital ist gut?», diskutierten Wilhelm K. Weber (swiss hospitality solutions), Philipp Ries (google Schweiz) und Bruno Muff (Haldihof) Pros und Contras der Digitalisierungswelle. Biobauer und «Digitaler-Aussteiger» Muff mahnte zu einem bewussten Einsatz der Möglichkeiten. Er entwickelte vor Jahren die Grundlagen der virtuellen Kartografie, welche von Google (google maps) gekauft wurden. Muff ging anschliessend einen völlig neuen Weg und ist heute ein sehr erfolgreicher Bio Bauer. Er plädierte eindringlich für Authentizität im Tourismus und nannte als negatives Beispiel das Auftischen importierter Säfte an einem Folkloreabend.
Expertinnen, Experten und Tagungsgäste waren sich einig: Die Verschmelzung von realer und digitaler Welt wird dazu führen, dass die Angebote künftig noch individueller auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet und auf den richtigen Kanälen kommuniziert werden müssen. Auch werden künftig je nach Gästegruppe Roboterisierung, künstliche Intelligenz oder virtuelle Realität eine wichtige Rolle spielen. Die Technologie liefert die nötigen Werkzeuge dazu bereits heute: Die Zukunft im Tourismus ist jetzt!
Der Zentralschweizer Tourismustag
Der Tourismustag ist ein Networking- und Weiterbildungsanlass der Zentralschweizer Tourismusbranche. Die Hochschule Luzern organisiert die Veranstaltung jährlich in einem der Zentralschweizer Kantone in Zusammenarbeit mit der Luzern Tourismus AG und der Schweizerischen Hotelfachschule SHL.