Overview
Das Projekt untersuchte die auditiven Eindrücke, die Tierstimmen in Menschen auslösen. In Hörexperimenten wurden aufgezeichnete Tierstimmen abgespielt und von Teilnehmenden beschrieben. Die Hörexperimente zeigten auf, dass Tierstimmen zwischen Musik, Sprache und Geräuschen aus dem Alltag, insbesondere auch den akustischen und audiovisuellen Medien verortet werden. Beim direkten auditiven Erleben von abgespielten Tierlauten wurde ein ganzes Spektrum an individuell oder kollektiv genannten Assoziationen geweckt. Die eigene musikalische Biographie, als Musikpraktizierende*r wie –hörende*r zeigte sich bei der Beschreibung von Tierstimmen als wichtige Referenzgrösse und zentraler Imaginationsraum. Neben dem Bezug zu Musik wurden auch Erfahrungen ähnlicher alltäglicher Klänge, die nicht von Tieren stammen, genannt. Ebenfalls wurden biografische Erinnerungen an die entsprechenden gehörten Tierlaute wach.
Musikbezogene Praktiken prägen auch die naturwissenschaftliche Wahrnehmung und Ausdeutung von Tierstimmen. Die graphische Musiknotation genauso wie später die Sonogramme (Visualisierung von Klängen am Computer) werden genutzt, um Gesänge und Rufe visuell festzuhalten und zu analysieren. Wissenshistorisch zeigen sich somit interessante Parallelen in den genutzten Werkzeugen, die musikalisches oder bioakustisches Wissen und dabei auch spezifische Hörpraktiken beeinflussen und prägen.
Forscht man zu Tierstimmen, begegnet man zudem immer wieder dem Öko-Klassiker Silent Spring von Rachel Carson. Über das dystopische Bild eines stummen Frühlings ohne Vogelgesang wurden Vögel zu einem wichtigen Symbol der Ende der 1960er-Jahre beginnenden Umweltschutzbewegung. Der Einfluss des Menschen auf die Klangumwelt wurde im nachfolgenden Jahrzehnt zu einem Thema, das Klangforschende, Komponist*innen und Klangkünstler*innen in ihren Werken verhandeln. Das aus diesen Fallstudien entstandene Projekt «Seeking Birdscapes: Contemporary Listening and Recording Practices in Ornithology and Environmental Sound Art» untersucht mitunter das Verhältnis von Musik/Klangkunst und Ökologie durch Hör- und Aufnahmepraktiken.