Aufzeichnung: Flavia Dubach
«Gemessen an soziokulturellen Standards beginnt ein gewöhnlicher Arbeitstag relativ früh; meist bin ich bereits um 7:45 Uhr im Büro und bearbeite meine E-Mails oder bereite Sitzungen vor oder nach. Mit meiner ‹Znüni-Pause› beginnt dann meine Vernetzungsarbeit: Ich besuche wichtige Personen in der Gemeinde wie die Lehrpersonen, die Verwaltungsangestellten, den Werkdienst oder die Schulhauswarte abwechselnd in ihren Kaffeepausen. Dieser Austausch ist für mich sehr wichtig, um den ‹Puls› der Gemeinde zu spüren und allfällige Handlungsfelder für meine Arbeit möglichst früh zu erkennen.
Die Beziehungsarbeit ist essenzielles Werkzeug meiner Arbeit – allen voran mit der Buttisholzer Bevölkerung. Um die älteren Menschen besser zu erreichen, esse ich einmal pro Woche im Alters- und Pflegeheim zu Mittag. Dieses niederschwellige Setting baut Ängste ab und ermöglicht es mir, in ungezwungener Atmosphäre mehr über die Wünsche und Bedürfnisse der Bewohnenden zu erfahren.
Den Jugendlichen begegne ich meist im Jugendtreff. Der Kontakt und Austausch mit ihnen gefällt mir sehr – besonders, wenn sie Vertrauen aufbauen und sich mir öffnen. So freue ich mich jeweils ganz besonders, wenn mich ältere Jugendliche im Treff besuchen und mir von ihrem Leben und ihren Erfolgen erzählen.
Dass ich sowohl für die Jugendarbeit als auch für die Koordinationsstelle Alter in der Gemeinde zuständig bin, macht meine Arbeit sehr abwechslungsreich, mitunter aber auch herausfordernd. Bereits während meines Studiums war ich in einem 40-Prozent-Pensum in der Gemeinde Buttisholz tätig – damals ausschliesslich in der Jugendarbeit. Nach meinem Bachelor-Abschluss durfte ich in einem Pilotprojekt die Koordinationsstelle Alter aufbauen. In der Altersarbeit werden ganz andere Themen als in der Jugendarbeit behandelt und die Zukunftsperspektiven sind völlig unterschiedlich. So musste ich mich auch vermehrt mit dem Thema Tod auseinandersetzen. Zudem sind es die älteren Personen weniger gewohnt, aktiv Dinge mitzubestimmen. Vor allem den Seniorinnen fällt eine Beteiligung oft sehr schwer, da sie aufgrund ihrer Erfahrungen – z. B. mit dem Frauenstimmrecht – ein vollkommen anderes Verständnis von Partizipation haben.
Auch generationenübergreifende Projekte sind oft eine Herausforderung: Sie werden von allen Seiten gefordert und sind natürlich durchaus sinnvoll. Wenn ich Jugendliche und ältere Personen zusammenbringen möchte, spüre ich aber jeweils von beiden Seiten einen gewissen Widerstand. Der Kontext, in den man solche Projekte setzt, muss sehr gut überlegt sein. Am besten ist es sowieso, wenn die Ideen nicht von mir, sondern aus der Bevölkerung kommen. Vor Kurzem kam z. B. eine Seniorin auf mich zu und fragte, ob es nicht möglich sei, ein Treffen zu organisieren, wo Jugendliche älteren Menschen das Handy erklären. Hier leiste ich jeweils sehr gerne Unterstützung und vernetze die Beteiligten miteinander.
Durch meine Arbeit mit den beiden Zielgruppen Jugend und Alter kenne ich praktisch die ganze Buttisholzer Bevölkerung. Deshalb kann es durchaus vorkommen, dass ich im Dorf für einen kurzen Weg viel länger brauche, weil ich so viele Personen antreffe und mit ihnen einen kurzen ‹Schwatz› halte. Ich schätze dieses Beziehungsnetzwerk sehr und es ist für meine Arbeit auch enorm wichtig. Trotzdem wohne ich bewusst nicht am gleichen Ort, wo ich arbeite. Sobald ich mich mit dem Bus auf den Heimweg mache, schalte ich in den ‹Freizeitmodus›.
Mit dem Aufbau der Koordinationsstelle Alter und der Verbindung zur Jugendarbeit hat die Gemeinde Buttisholz Pionierarbeit geleistet – keine andere Gemeinde in der Region kann etwas Vergleichbares vorweisen. Während des Aufbaus der Stelle konnte ich das Programm ‹Getting into Business› der Hochschule Luzern in Anspruch nehmen. Hier werden Studienabgängerinnen und -abgänger nach ihrem Bachelor-Abschluss von erfahrenen Berufspersonen beim Berufseinstieg begleitet und unterstützt. Meine Mentorin hat mir sehr geholfen; vor allem auch, weil ich in Buttisholz als Einzelperson arbeite. Noch heute – gut zweieinhalb Jahre nach meinem Studienabschluss – treffe ich sie circa viermal pro Jahr für ein Coaching. Auch sonst profitiere ich in meinem Berufsalltag noch immer von meinem Studium an der Hochschule Luzern. Vor allem die ressourcenorientierte und positive Haltung, die den Soziokultur-Studierenden vermittelt wird, begleitet mich täglich bei meiner Arbeit.
In meiner Freizeit engagiere ich mich in verschiedenen Vereinen: NOJZ macht sich für eine professionelle, offene Kinder- und Jugendarbeit stark und LUNIQ setzt sich für die Integration von Menschen mit Behinderung im Quartier ein. Beide Themen sind Herzensangelegenheiten von mir. Da ich in meiner täglichen Arbeit fast nicht mit behinderten Personen in Berührung komme, finde ich es bei LUNIQ spannend, die soziokulturelle Sicht in das eigentlich sozialpädagogisch geprägte Themenfeld miteinzubringen. Zudem schätze ich es, dass ich mich bei beiden Engagements mit anderen Soziokulturellen Animatorinnen und Animatoren austauschen kann.»